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Nachlese Berlinale 2005

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Vom 10. bis 20. Februar war es wieder so weit für die Berlinale. Das nach Cannes wichtigste europäische Filmfestival ging in die 55. Runde. - Mit den bewährten Sektionen Wettbewerb (21 Filme), Panorama (52 Langfilme) und Forum (39 Langfilme). Zusätzlich dazu zahlreiche Kurzfilme, das Kinderfilmfest 14 Plus, die Perspektive Deutsches Kino, die Retrospektive Produktionsdesign und die Werkschau Im Kwon-Taek. Macht zusammen 343 Filme aus 52 verschiedenen Ländern.

Im Gegensatz zu den vergangenen Jahren war das Staraufgebot zur Eröffnung der Berlinale bescheidener. Dies war dem Umstand zu verdanken, dass man auf die Eröffnung durch einen großen Hollywoodfilm mit entsprechender Starbegleitung verzichtet hatte. Stattdessen eröffnete der Wettbewerbsfilm Man to Man von Régis Wargnier (Est-Ouest - Eine Liebe in Rußland - 1999) und sorgte bei den anwesenden internationalen Journalisten für ein eher negatives Medienecho.
Die Jury für den Wettbewerb wurde mit Regisseur Roland Emmerich (The Day After Tomorrow) in diesem Jahr von einem Deutschen geleitet. Unterstützt von internationaler Begleitung: Modedesigner Nino Cerruti (Prêt-à-Porter - 1994), Schriftsteller und Drehbuchautor Andrei Kurkov, Produzent Wouter Barendrecht (Der Kuss des Bären - 2002) und den Schauspielern Franka Potente (Die Bourne-Verschwörung - 2004), Bai Ling (Sky Captain and the World of Tomorrow - 2004) und Ingeborga Dapkunaite (25 Grad im Winter -2004). Jury Mitglied Bai Ling stahl mit ihren gewagten Auftritten in immer neuen knappen Outfits dabei so manchem angereisten Star die Show.

Thematische Schwerpunkte der 55. Berlinale waren Sex (u.a. Kinsey, Inside Deep Throat) und Afrika (u.a. Wettbewerbsgewinner U-Carmen eKhayelitsha), die in allen Sektionen des Festivals vertreten waren. Der deutsche Film war mit 67 Produktionen in diesem Jahr stärker denn je vertreten.
Mit dem neuen 'Hauptsponsor' ZDF wurde der bisherige Medienpartner Sat1 ersetzt, so dass man sich in diesem Jahr über zahlreiche gute Berichte in ZDF und 3Sat freuen konnte. In Kulturzeit wurde sogar dem Paderkino-Reporter Nick fünf Minuten Interviewzeit eingeräumt.

Die wichtigsten Preisträger im Überblick:

  • U-Carmen eKhayelitsha (Goldener Bär) - Carmen, die beliebteste Oper der Welt wurde in Form eines Musicals in das südafrikanische Township Khayelitcha umgesiedelt. Einer der wenigen wirklich originellen Filme im Wettbewerb.
  • Peacock - Der Pfau (Silberner Bär)
  • Julia Jentsch für Sophie Scholl - Die letzten Tage (Silberner Bär für die beste Darstellerin) - Sie nahm den Bären bereits vor der offiziellen Preisverleihung entgegen, da sie während des Festaktes Theater spielen musste.
  • Lou Taylor Pucci für Thumbsucker (Silberner Bär für den besten Darsteller)
  • Daniel Hendler für El Abrazo Partido (Silberner Bär für den besten Darsteller)
  • Marc Rothemund für Sophie Scholl - Die letzten Tage (Silberner Bär für die beste Regieleistung)
  • Alexandre Deplat für Der Schlag, der mein Herz verspielte (Silberner Bär für die beste Filmmusik)
  • Tsai Ming Liang für das Drehbuch zu Tian Bian Yi Duo Yun - The Wayward Cloud (Silberner Bär für die beste künstlerische Leistung)
  • Paradise Now (Der Blaue Engel Preis für den besten europäischen Film)
  • Va, Vis et Deviens - Geh und Lebe (Panorama Publikumspreis)

Die anderen Preisträger findet ihr auf der Berlinale Homepage.

Berlinale Homepage ()
Die Berlinale bei 3sat ()

Berlinale-Bericht Olaf (OS)
Olaf Scheel Ein uneingeschränkt positives Fazit wie Nick kann ich von der diesjährigen Berlinale leider nicht ziehen. Natürlich ist diese Beurteilung sehr subjektiv, da man es kaum schafft, etwas mehr als einen Bruchteil der fast 350 Filme in den verschiedenen Sektionen zu schauen. Somit wird die Vorauswahl entscheidend. - Und mit der habe ich mich schwer getan, da die thematischen Schwerpunkte der Berlinale "Afrika", "Familie" und "Sex"... zu einer Ansammlung von Filmen geführt hat, die oft genug fast identisch erscheinende Inhaltsbeschreibungen im Katalog ergaben. Und diese Beschreibungen waren noch dazu ziemlich dröge, da sie verschwiegen, wie der Film gemacht war.
Die Filme, die ich dann geschaut habe (es waren weniger als dreißig), waren dann in der Regel nicht besonders schlecht - aber auch in der Regel nicht besonders gut. Wie schon im letzten Jahr ernüchternd fand ich vor allem, auf welch konservative Art die meisten Geschichten erzählt wurden. Vielleicht ist es auch dieser Tatsache zu verdanken, dass ein ungewöhnlich erzählender Film wie
U-Carmen eKhayelitsha letztlich den Goldenen Bären bekam.
Verwundert war ich über manche Filme im Wettbewerb. Wie sie es geschafft haben, in diese Sektion aufgenommen zu werden, ist mir unverständlich: Reine Chefsache ist in meinen Augen ein typischer Hollywood-Streifen mit "heiler Welt"-Propaganda, der hier nichts zu suchen hat.
Tian Bian Yi Duo Yun vielleicht künstlerisch anspruchsvoll, aber mit seinen ausschweifenden Sexszenen so lüstern, dass es schon ein wenig weh tut.
Meine Vorsätze für das nächste Jahr sind nun: früher Aufstehen um auch die 9:00 Uhr Vorstellungen häufiger zu besuchen. Und mal wieder mehr im Forum schauen, da dort zwar nicht die geschliffeneren, aber manchmal die spannenderen Produktionen laufen.

Berlinale-Bericht Nick (NM)

Nikolas Mimkes Die 55. Berlinale konnte mit ihrem diesjährigen Programm mehr als wieder wett machen, womit sie im vergangenen eher enttäuscht hatte: Hatten gerade der Wettbewerb und das Panorama 2004 nur etwa eine Hand voll wirkliche Treffer zu bieten, galt das diesmal angenehmerweise für die filmischen Tiefpunkte. Aber auch die Retrospektive hatte einige cineatische Leckerbissen zu bieten, so z.B. die 70mm-Kopie von Stanley Kubricks 2001 - Odyssee im Weltraum, die als ganz besonderes Highlight sogar von dessen Frau Christiane vorgestellt wurde.
Zwar spielte sich der Starrummel wie immer hauptsächlich im Berlinale-Palast ab, zu dem man aber als Nicht-Pressemitglied so gut wie keinen Zugang hatte. Dafür trauten sich im Rahmen der Panorama-Premieren dieses Jahr endlich auch mal ein paar der ganz großen deutschen wie auch internationalen Stars in den Zoo-Palast, so u.a. Andreas Dresen, Tilo Prückner, Joachim Król, Daniel Day-Lewis, Bob Hoskins und last but not least sogar Kevin Spacey.
Dafür gab's dieses Jahr leider ein paar Abstriche in der Organisation, da die Berlinale dieses Jahr leider auf den Royal Palast verzichten musste und zudem die bisherigen zwei Ticket-Schalter für die Akkreditierten auf einen zusammengestrichen wurden. Was teils unangenehm lange Wartezeiten in der Kälte zur Folge hatte. Aber bei 51 Filmen überwiegend guter oder herausragender Qualität sei das verziehen. Und wie heißt es so schön? Nach der Berlinale ist vor der Berlinale und die Vorfreude auf das nächste Jahr ist definitiv schon jetzt wieder geweckt!

Filmkritiken:

Wettbewerb:

Panorama u.a.:

26.02.2005



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