2 oder 3 Dinge, die ich von ihm weiß
Dokumentation, Deutschland 2004, 89 Minuten, ab 12
Originaltitel: 2 oder 3 Dinge, die ich von ihm weiß; Deutschlandstart: 07.04.2005 (Plan 7); Regie: Malte Ludin; Produktion: Iva Švarcová; Drehbuch: Malte Ludin; Musik: Werner Pirchner, Hakim Ludin, Jaroslav Nahovica; Kamera: Franz Lustig; Schnitt: Malte Ludin, Iva Švarcová
Filmplakat
Internet Movie Database ()
Offizielle Website (Plan 7 )
Szenenbild 1 Szenenbild 2

Dies ist die Geschichte meines Vaters, eines Kriegsverbrechers. Meiner Mutter, meiner Schwester, Nichten und Neffen. Eine typisch deutsche Geschichte. - Malte Ludin.

Plot: Hanns Ludin wird bereits in der Weimarer Republik berühmt, weil er in der Reichswehr für Hitler konspiriert. Nach der Machtübernahme durch die Nazis steigt er schnell zu einem der obersten SA-Führer auf. Hitler persönlich schont sein Leben beim Röhm-Massaker. 1941 schickt er ihn als Gesandten in die Slowakei. Als „Bevollmächtigter Minister des Großdeutschen Reiches“ soll er dort die Interessen Berlins durchsetzen: vor allem die „Endlösung“. Nach dem Krieg wird Hanns Ludin an die Tschechoslowakei ausgeliefert, zum Tode verurteilt und hingerichtet.
Sein jüngster Sohn nimmt diese Tatsachen zum Ausgangspunkt einer filmischen Auseinandersetzung mit den Legenden, die in der Familie über den Vater kursieren. War er ein Held und Märtyrer oder ein Verbrecher? Auf einmal sind alle bereit zu reden: die Schwester, Schwager, Nichten und Neffen.
Es entsteht ein intimes und doch beispielhaftes Filmdokument aus dem Innern einer deutschen Familie. [aus dem Pressetext]

Kritik: Malte Ludin deckt erbarmungslos die Geschichte seines Vaters Hanns auf und zeigt, wie schwer die Auseinandersetzung mit dem Thema für die Familie ist. Nur er selbst kann wirklich akzeptieren, dass der Vater ein ranghoher Kriegsverbrecher war und stellt hier die Frage, wie dieser sich zum Nationalsozialismus hinreißen lassen konnte, wo er doch kein schlechter Mensch war. Besonders seine ältere Schwester Bärbel weigert sich standhaft, den Vater als Täter zu sehen und bezeichnet ihn sogar als Opfer unter anderem des Massenwahns. „Mein Recht ist es, meinen Vater zu sehen, wie ich ihn sehen will. Oder wie ich ihn sehe... Und das ist mein Recht. Das kannst du mir auch nicht nehmen.“, entgegnet Barbel ihrem Bruder im Film.

Aber auch alle anderen wollen nur das Gute in ihm sehen und das Offensichtliche nicht wahrhaben. So wird Malte Ludin Voreingenommenheit vorgeworfen, in der er z.B. nicht akzeptieren könne, dass ihr Vater auch Leuten das Leben gerettet hat (haben könnte), da dies angeblich nicht ins allgemeine Bild eines Nazis passt. Doch wird durch die verschiedenen Interviews und Malte Ludins sachliche und gründliche Darlegung der Fakten deutlich, dass hier niemand die Tatsachen und das mit ihnen zusammenhängende schlechte Bild Hanns Ludins akzeptieren und zulassen will.
Überhaupt muss man Ludin für seine saubere, formelle Umsetzung des Films loben: So ermöglicht die Einteilung in Kapitel, Einblendung aller Namen und Fakten sowie ein Voice-over dem Zuschauer einen objektiven, sachlichen Einblick in die Hintergründe und somit eine persönliche Meinungsbildung, eines der wichtigsten Kriterien bei einem Film dieser Art und Thematik. Nicht zu vergessen, die Überwindung und der Mut, die es kostet, den eigenen Vater als Kriegsverbrecher zu entblößen und auch greifbar zu machen.
Zwei Dinge, für die aber auch Ludins Familienangehörige, allen voran seine Schwester Barbel, gelobt werden müssen, die sich trotz aller Kritik an ihren Aussagen und Sichtweisen doch freiwillig vor der Kamera Stellung beziehen und sich dadurch ebenfalls entblößen.
Sehr eindringlich wirken auch die Gespräche Ludins mit einigen Opfern seines Vaters, die eine ganz andere Art von Brücke zu ihm schlagen und als Konfrontation eine noch höhere Herausforderung darstellen als die Familie.
Nach der Premiere auf der Berlinale 2005 zog Malte Ludin als persönliches Resumee, dass er es durch diesen Film geschafft habe, seinem Vater näher zu kommen und ihn kennen zu lernen, was aber zur Folge habe, dass er sich für immer von ihm distanzieren wolle. Ein Vorhaben und ein Film, der für ihn erst nach dem Tod seiner Mutter möglich war, die er hiermit nicht mehr konfrontieren konnte.

Fazit: Ein Nazi-Film der ganz anderen Art, der unerbittlich die dunkle Vergangenheit einer deutschen Familie und ihre Gegenwart in ihr aufdeckt. Schnörkellos nüchtern und gerade dadurch schockierend. 9 von 10 Gesprächen mit Opfern des Vaters.

Nikolas Mimkes
19.04.2005

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