Inglourious Basterds
Drama / Action, USA / Deutschland 2009, 154 Minuten, ab 16, Prädikat: Besonders wertvoll
Originaltitel: Inglourious Basterds; Deutschlandstart: 20.08.2009 (Universal); Regie: Quentin Tarantino; Produktion: Bob Weinstein, Harvey Weinstein u.a.; Drehbuch: Quentin Tarantino; Kamera: Robert Richardson; Schnitt: Sally Menke

mit Brad Pitt (Lt. Aldo Raine), Mélanie Laurent (Shosanna Dreyfus), Christoph Waltz (Hans Landa), Eli Roth (Donny Donowitz), Michael Fassbender (Archie Hicox), Diane Kruger (Bridget von Hammersmark), Daniel Brühl (Fredrick Zoller), Til Schweiger (Hugo Stiglitz), Gedeon Burkhard (Wilhelm Wicki), Jacky Ido (Marcel), B.J. Novak (Smithson Utivich), Omar Doom (Omar Ulmer), August Diehl (Dieter Hellstrom), Denis Menochet (Perrier LaPadite), Sylvester Groth (Joseph Goebbels) u.a.

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Die Basterds töten nicht jeden Nazi...
Landa ermittelt mit erschreckender Präzision. Bridget von Hammersmark im scheinbar ausgelassenen Spiel. Shosanna Dreyfus sinnt auf Rache.

Wir wollten nur mal sagen, wie toll wir es finden, dass du Nazis umbringst. Aber dein Status als Nazikiller ist noch der eines Amateurs. Und wir wollten dich fragen, ob du Profi werden willst. - Lt. Aldo Raine wirbt Hugo Stiglitz an.

Plot: Im zweiten Weltkrieg macht sich eine jüdische Einheit unter der Führung von Lt. Aldo Raine (Brad Pitt) an die Aufgabe, hinter feindlichen Linien so viele Nazis wie möglich zu töten und die deutschen Soldaten somit das Fürchten zu lehren. Eine Mission, die der Truppe den Namen „Basterds“ einbringt. 1944, kurz nach der Landung der Alliierten am D-Day, ergibt sich die ungeahnte Gelegenheit eines direkten Attentates auf Hitler bei einer Kinopremiere. Doch auch auf der Seite der Deutschen findet sich ein Pendant zu den Basterds, das das Gelingen der Mission erheblich erschwert: Der Judenjäger.

Kritik: Was soll ich sagen? Tarantino, wie er leibt und lebt! Nachdem das Grindhouse-Segment Death Proof gegenüber seinen Vorgängern etwas schwächelte, ist „Mr. Cool“ nun wieder zu seiner Höchstform aufgelaufen. Nach jahrelanger Arbeit an dem Script, in deren Verlauf immer wieder andere Arbeiten (Kill Bill, Death Proof) eingeschoben wurden, wurde dieses langgehegte Projekt nun endlich in die Tat umgesetzt. Schon Benigni hatte mit seinem Das Leben ist schön gewagt und gekonnt gezeigt, dass sich selbst ein schweres Thema wie der Holocaust mit Humor zum Tränen Lachen kombinieren und sich somit schweres Material leichtfüßig inszenieren lässt.
Tarantino geht noch einen Schritt weiter. Statt die Vergangenheit ein weiteres Mal durch die Verfilmung einer wahren Begebenheit aufzuarbeiten, die immer mit dem Authentizitätsproblem zu kämpfen hätte, postuliert er schon zu Beginn die Fabelhaftigkeit seiner Geschichte. Ihm geht es weder um den Holocaust oder den Krieg an sich, noch um Wirklichkeitswiedergabe oder genretypische Klischees. Seine Figuren entziehen sich jeder konventionellen Charakterzeichnung, auch die gut-böse-Struktur verschwimmt zu einer Grauzone, die neue Perspektiven aufwirft.
Denn die Basterds sind nicht weniger unmenschlich und brutal als die Feinde, die sie bekämpfen. Der von Brad Pitt gespielte halbindianische Lt. Aldo Raine will nicht bloß tote Nazis, er will auch deren Skalps. Wurde das bei Oren.Ishii in Kill Bill Vol. 1 noch kunstvoll in Szene gesetzt, wird hier kein visueller Hehl aus dem blutigen Ritual gemacht.
Auch die Stigmatisierung mit Hakenkreuzen wird so „hautnah“ gezeigt, dass das Unbehagen im Kino spürbar war. An dieser Stelle kein Film für schwache Nerven, auch wenn die Szenen nur sehr punktuell sind. Dennoch leben die Basterds eine sadistische Lust an der Gewalt aus, die nur dadurch legitim erscheint, dass sie sich als Reaktion auf bereits verübte sadistische Gewalt versteht, die Opfer selbst Täter sind und hier zur geplanten Abschreckung Gleiches mit Gleichem vergolten wird.

Im wundervollen Italowestern-Stil inszeniert, konzentriert sich Tarantino auf das, was er letztlich am besten kann, nämlich Gangster, die rumsitzen und quasseln. Nur das es sich hier nicht um Gangster, sondern um Nazis und ihre Widersacher handelt. Bemerkenswert ist an dieser Stelle, dass nicht Hollywood Superstar Brad Pitt im Zentrum des Films steht, sondern der Österreicher Christoph Waltz, hierzulande nur aus dem Fernsehen bekannt, der als „Judenjäger“ Hans Landa zu schauspielerischer Höchstleitung aufläuft, seine namhaften Kollegen dabei gnadenlos an die Wand spielt und damit ein heißer Kandidat für die kommenden Oscars sein dürfte. Landa ist der Gegenpart zu den Basterds, der, vermutlich in Anlehnung an den Prozess um Josef Eichmann, sich nicht etwa als faschistisches Monster erweist, sondern vielmehr als freundlicher Bürokrat, der „vorbildlich“ seinen Dienst erfüllt, wenn natürlich auch mit einem nicht zu verkennenden Schuss sadistischen Fanatismusses. Dennoch ist ausgerechnet er es, der sich, wenn man es genau betrachtet, am korrektesten verhält. Ganz im Gegensatz zu Aldo Raine. Wie gesagt, typisch gezeichnet ist hier niemand. Selbst Hitler wirkt schon in seiner ersten Szene eher bedauernswert, Goebbels hauptsächlich schleimig. Neben Waltz ist Melanie Laurent als Landa-Überlebende Shosanna Highlight des Films, die nur mühsam die Fassung behält, als sie plötzlich mit ihren größten Feinden konfrontiert wird und sich wenig später von nichts davon abbringen lässt, Rache zu üben. Zwei großartige Schauspieler, von denen wir hoffentlich noch mehr hören werden. Bei den Stars schaffen eigentlich nur Daniel Brühl und Diane Kruger, sich wirklich in den Vordergrund zu spielen und zwar mit Bravour, auch wenn sie klar hinter Waltz und Laurent zurückstehen. Til Schweiger, den die ganze Zeit über starke Zahnschmerzen zu quälen scheinen, hat beinahe nur einen gelungenen Gastauftritt. Kurz und bündig und gut für den besten Lacher im Film ist allerdings Ludger Pistor als Autogrammjäger.
Als Tarantino-Fan führt kein Weg vorbei an diesem großartigen, als Kriegsfilm getarnten Italowestern, der in tarantinoesquer Kapitelstruktur meisterlich die Coolness und Lässigkeit langer Dialogszenen exerziert, und dessen präzise Inszenierung, auch, was die Huldigung an den Film als solchen und mit ihm das Kino angeht, nahezu poetisch wirkt.

Fazit: Von allem Altbekannten eine Prise und doch wieder etwas Neues! Tarantino erweist sich ein weiteres Mal als Meister seines eigenen Genres und präsentiert seine eigene Sicht der Dinge, wobei er sich schon zu Beginn vom Anker der Authentizitätsfrage befreit. Ein Film über Nazis, ihre Widersacher und einen Judenjäger, der es schafft cool, lässig, böse und dennoch witzig zu sein. Für diese brillante Leistung gibt es 10 von 10 des Italienischen nicht mächtige italienische Partygäste.

Nikolas Mimkes
28.08.2009

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Bester Film aller Zeiten8%

541 Stimmen
Schnitt: 4.9
cgi-vote script (c) corona, graphics and add. scripts (c) olasch

Leser-Kommentare:
Dominik (08.02.10): Nach einem zweiten Sehen muss ich sagen: Der Film profitiert enorm, es gibt vieles, was beim ersten Sehen etwas untergeht, speziell die hintergründige Reflexion über Gewalt und die voyeuristische Rolle, die der Zuschauer hierbei ausfüllt - IB ist da ziemlich hintergründig! Daher sind 9 von 10 Punkten durchaus angebracht!
MRA (11.10.09): Die treffendste Zusammenfassung des Films hat meiner Ansicht nach Ann Hornaday in Ihrer Kritik (genauer gesagt, in ihrem Veriss) in der Washington Post gegeben: "[This film] isn't about history or war, or people and their problems, or anything of substance or meaning. It's a movie about other movies." Wer sich also wegen der erstgenannten Themen oder gar wegen der "Lacher" eines Action-Schinkens in den Film verirrt, wird zwangsläufig enttäuscht werden. Wer jedoch das Kino um des Kinos willen liebt (so wie Tarantino es tut), der wird auch die Bastards lieben. Wäre nun noch die Gesammtkomposition des Films so stark, wie es eigentich jede Szene einzeln für sich betrachtet ist, wäre es in meinen Augen der perfekte Kinofilm. So gebe ich aber nur 9 von 10 Rollen Zelluloid für den Film, sowie noch mal 12 von 10 Hakenkreuzen extra für Christoph Waltz.
Eric Draven (07.09.09): An sich wurde alles bereits gesagt und ich schließe mich an.
Den Kommentar meines Vorredners lasse ich da mal außen vor.
Charaktere und Dialoge wirklich toll und die Darsteller überzeugen auf der ganzen Linie. Es gibt meiner Meinung nach nur eines Ausnahme: Diane Krüger. Schauspielerisch eine Enttäuschung und irgendwie kann ich mich auch an ihre Stimme nicht gewöhnen...schließe mich da Olaf an: wie kommt ausgerechnet sie nach Hollywood?!
Da der Film meiner Meinung nach nicht ganz an Pulp Fiction und Kill Bill heran reicht, gibt es von mir
8 von 10 Gläsern Milch

EntäuschterFan (04.09.09): Extrem langatmig und ohne jede Überraschung. Pros für den Film sind vereinzelte komische Szenen (nur wenige Lacher im Kino, liegt es wohl am Thema?) und der Sprachunterricht durch den Originalton mit Untertiteln (Weiß jemand, ob die deutschen Szenen im englischen auch Deutsch mit Untertiteln sind?). Wirklich herrausragend ist nur Christoph Waltz. 3 von 10 Aschenbrösel-Schuhen.
Dominik (03.09.09): Eric, IMMER auf höchstem Niveau- drunter geht schonmal gar nicht... ;-)
Eric Draven (03.09.09): Na das ist doch mal Kritik und Diskussion auf hohem Niveau: es wird darüber "gestritten" ob er nun 8 oder 10 von 10 Punkten verdient:-) Ich behaupte mal bei 13 Stimmen und einem Durchschnitt von 9,4 scheinen sich doch alle einig zu sein...
Dominik (03.09.09): @ Olaf: Ich wusste gar nicht, dass er Ärger mit Oliver Stone hat? Also klar, wenn ich zwischen Beiden wählen muss, ist Tarantino der klare Sieger. Vielleicht hatte ich auch zu hohe Erwartungen an die "Basterds", aber abgesehen vom hervorragenden Anfangskapitel ist er für mich nicht die Offenbarung. Dass Spiel mit dem Trivialen finde ich auch allgemein reizvoll, aber irgendwann ist bei mir der Punkt erreicht, an dem mir das ewig-um-sich-selbst-kreisende leicht auf die Nerven geht. Abgesehen davon gab es in früheren Filmen weitaus mehr interessante, gut konzipierte Figuren. Hier ist der faszinierende Landa, und der Rest kann einem völlig schnuppe sein. Besonders die Basterds-Rächer sind einfach nur stumpf und banal, und alles was Aldo Ray von sich gibt ist einfach Käse... Aber das sind Differenzen zwischen einem "guten" und einem "hervorragenden" Film, und 8 Punkte hat er ja für mich verdient... ;-)
Olaf (02.09.09): @Dominik: Was heißt denn hier "leicht ins Triviale"? Genau das trivial Banale ist doch Tarantinos großes Thema. Ganz bewusst verzichtet er in all seinen Filmen darauf, den Dingen außer der Freude an der Darstellung irgendeine Bedeutung zu geben. Vor allem das war auch für das Zerwürfnis mit Oliver Stone verantwortlich.
Dominik (02.09.09): ups, da fehlt zwischendurch etwas: ...nicht so clever strukturiert wie "Kill Bill" oder gar "Pulp Fiction", wollte ich schreiben.
Dominik (02.09.09): @Nikolas: "IB" sind ebenso wie sämtliche Vorgänger-Filme typische Tarantino-Werke, was einerseits eine Stärke ist, da er offensichtlich eine klare identifizierbare handschrift als Filmemacher hat, andererseits driftet die Story, wenn sie im Grunde nur aus augenzwinkernden Verweisen besteht, bisweilen leicht ins Triviale. Wenn du die Story für sich nimmst, ist das doch eine relativ banale Rache-Story, die nicht mal so clever strukturiert ist wie Welche "deutlichen Kontraste" willst du denn in dem Film entdeckt haben? Das sind großenteils Karikaturen, keine ausdifferenzierten Charaktere - was im Übrigen auch gar nicht Tarantinos Sache wäre. Ein weiteres Problem ist für mich eben diese gepriesene "zynisch-krank-brutalen" Szenen. Vielleicht ist sowas nicht immer super-cool? Die jüdische Rächer-Gruppe in "IB" benimmt sich wie durchgeknallte Nazis, ich find das problematisch...
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