Cassandras Traum
Drama/Thriller, USA/GB/Frankreich 2007, 108 Minuten, ab 12
Originaltitel:Cassandra's Dream; Deutschlandstart: 05.06.2008 (Constantin Film); Regie: Woody Allen; Produktion:Letty Aronson, Stephen Tenenbaum u.a.; Drehbuch: Woody Allen; Musik: Philip Glass; Kamera: Vilmos Zsigmond; Schnitt: Alisa Lepselter

mit Ewan McGregor (Ian), Colin Farrell (Terry), Tom Wilkinson (Howard), Peter-Hugo Daly (Bootsbesitzer), John Benfield (Vater), Clare Higgins (Mutter), Ashley Madekwe (Lucy), Andrew Howard (Jerry), Hayley Atwell (Angela Stark), Sally Hawkins (Kate), Stephen Noonan (Mel), Dan Carter (Fred), Jennifer Higham (Helen), Lee Whitlock (Mike) u.a.

Filmplakat
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Offizielle Website (Constantin Film )
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Ungleiche Brüder.
Ian und Terry genießen die Bootsfahrt mit den Freundinnen. Onkel Howard macht den Brüdern ein Angebot. Ian und Terry auf dunklen Pfaden.

Kümmer dich mehr um das Restaurant und träum weniger vom offenen Meer. Du bist ein gescheiter Junge, wenn du mit den Beinen auf dem Boden bleibst. - Terry und Ians Vater gibt Tipps beim Sonntagsessen.

Plot: Die Brüder Ian (Ewan McGregor) und Terry (Colin Farrell) schlagen sich in London mehr schlecht als recht durchs Leben. Ian führt das Restaurant seines Vaters, doch eigentlich träumt er von Reichtum, Ruhm und einem Leben in den USA. Terry ist alkohol- und tablettenabhängig, arbeitet als Mechaniker und nebenher bessert er sein Einkommen mit Pokerpartien oder Pferdewetten auf.
Eine solche Wette verschafft ihm kurzfristig Geld und zusammen mit Ian erfüllen sie sich einen kleinen gemeinsamen Traum: den Kauf eines Segelbootes. Sie taufen es 'Cassandras Traum', denn so hieß das Pferd, welches Terry den Geldsegen beschert hat. Während Ian die Schauspielerin Angela (Hayley Atwell) kennenlernt und mit einem Investment-Geschäft in Los Angeles liebäugelt, verfällt Terry immer weiter der Spielerei, verliert schließlich alles und ist über beide Ohren verschuldet. Auch Ian hat Geldprobleme, denn seine neue Liebe ist ebenso anspruchsvoll wie sein Traum vom großen Geschäft in Übersee.
Wie auf Zuruf bekommen sie Besuch vom reichen Onkel Howard (Tom Wilkinson) aus den USA, der seinen beiden Neffen nur zu gerne unterstützend unter die Arme greift, doch er verlangt eine Gegenleistung: die Beseitigung eines seiner Firmenangehörigen, der die unlauteren Geschäfte von Onkel Howard auszuplaudern droht. Zunächst sind Ian und Terry geschockt, doch je mehr sie darüber nachdenken, desto klarer wird ihnen, dass Onkel Howards Unterstützung die einzige Lösung ihrer Probleme ist. Sie begehen den Mord gemeinsam, doch damit fangen die Probleme erst an...

Kritik: Woody Allens neuer Film Cassandras Traum ist ebenso ein untypischer Allen wie sein Vorgänger Match Point. Cassandras Traum spielt in London und wirkt auch aufgrund der ausgesuchten Besetzung sehr europäisch. Es ist ein langsamer Film, der mit langen Dialogen dem Zuschauer viel Geduld abverlangt. Das ist sicherlich nicht Jedermanns Sache und wird auch nicht jedem zusagen.
Der Film lebt vom großen Thema Schuld und Sühne, von der Frage: Wie weit würdest du für deinen Traum gehen? Würdest du lügen, betrügen und am Ende sogar morden? Die Charaktere von Ian und Terry sind sehr unterschiedlich angelegt. Während Terry in den Tag hinein lebt und sich von einer Wette zur nächsten Pokerpartie schleppt, plant Ian seine Zukunft durch. Er will die Frau, er will den Ruhm, das ganz große Geld und dafür würde er alles geben. Als sie vor Howard stehen und der ihnen Geld gegen Mord anbietet, sind beide Brüder geschockt. Doch nach und nach erkennt Ian, dass Howards Geld die einzige Möglichkeit für ihn ist aus, England rauszukommen.
Er entscheidet auch zum großen Teil für Terry mit, den allein schon der Gedanke an Mord in Panik ausbrechen lässt, aber die 90.000 Pfund Schulden im Hinterkopf willigt er schließlich ein.
Ewan McGregor und Colin Farrell geben ein wunderbares Brüder-Gespann ab. Farrells Gesichtsausdruck ist den ganzen Film über angespannt, seine Augen angsterfüllt und er ist hektisch in seinen Bewegungen. Er klammert sich am Alkohol fest, als könnte der seine Probleme lösen.

McGregor ist der kühle Part der beiden Brüder. Er ist der Planer, der Denker, der Pragmatiker. Während der eine den Menschen hinter dem Opfer sieht, so sieht der andere nur das Mittel zum Zweck. Ein Mord und der Rest seines Lebens ist gerettet. Ein einziger Mord und er bekommt alles, was er sich je erträumt hat: Die Frau seines Lebens, das Geschäft, das er immer wollte und ein Leben in Los Angeles.
Der Weg zur Tat ist aufgrund der sehr unterschiedlichen Charaktere recht amüsant anzuschauen. Währen Ian das Opfer gleich mit dem Hammer erschlagen will, möchte Terry Pistolen benutzen, weil das nicht so persönlich ist. Terry scheint immer wie auf Speed, hektisch, nervös, unaufmerksam, mitfühlend, sentimental, will er doch noch das Opfer seine Mutter ein letztes Mal besuchen lassen, ehe sie ihn ins Jenseits befördern. Ian will es einfach nur hinter sich bringen, er weigert sich, den Menschen hinter dem Opfer zu sehen, er plant schon seine Zukunft.
Als der Mord vollbracht ist, fällt alle Anspannung von Ian ab, von jetzt an beginnt sein neues Leben. Was geschehen ist, ist Vergangenheit. Doch Terry scheint an der Tat zu zerbrechen: Alpträume plagen ihn, sein Tablettenkonsum steigert sich von Tag zu Tag und immer sucht er Hilfe bei Ian, weil doch Blut dicker ist als Wasser, denn wenn man sich auf seine eigene Familie nicht verlassen kann, auf wen dann? Ian scheint jedoch zunehmend genervt vom labilen Bruder und als dieser seine Tat gestehen will, steht er vor einer undenkbaren Entscheidung.
Dem intensiven Spiel von Ewan McGregor und Colin Farrell ist es zu verdanken, dass der Film zwar langwierig anmutet, aber niemals langweilig wird. Sie hauchen den beiden Brüdern Leben ein, geben ihnen Konturen, Stärken und Schwächen, so dass ihr Spiel den Zuschauer dazu zwingt, sich zu fragen: Wer von beiden wäre man wohl selbst? Wie hätte man wohl entschieden? Wäre man auch so weit gegangen?
Cassandras Traum ist eine Charakterstudie zweier Menschen, die sehr unterschiedlich mit den Konsequenzen einer lebensverändernden Entscheidung umgehen, ohne dass einer der beiden dabei weniger sympathisch wirkt. Jeder hat ein Gewissen, aber während der eine einen Weg findet, sich damit zu arrangieren, geht der andere dabei unter. Der Film beginnt und endet mit dem Segelboot, der Cassandras Dream. – Nach der griechischen Mythologie schenkte Apollon Cassandra die Gabe der Vorhersehung. Doch weil sie ihn verschmähte, wandelt er die Gabe in einen Fluch um und niemand sollte ihren Vorhersehungen mehr glauben schenken. So ging Troja unter, obwohl Cassandra die Tücke des Trojanischen Pferdes vorausgesagt hatte. Ebenso ergeht es den Brüdern, denn obwohl sie das Unheil nahen sehen und um das Unrecht ihrer Entscheidung wissen, überschreiten sie die Grenze und so ist schon zu Beginn des Film klar, am Ende wird es keinen Gewinner geben.

Fazit: Woody Allens Cassandras Traum ist Schauspielerkino im europäischen Stil. Sehenswert für Fans der beiden Hauptdarsteller und/oder des Regisseurs und für alle, die sich für das Thema Schuld und Sühne interessieren. Action oder große Lacher wird man in diesem Film nicht finden, dafür ein gutes Diskussions-Thema nach dem Kino! 9 von 10 selbstgebastelten Holz-Pistolen.

Sandra Plich
07.06.2008

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Schnitt: 4.8
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