Die Geisha
Drama, USA 2005, 145 Minuten, ab 12
Originaltitel: Memoirs of a Geisha; Deutschlandstart: 19.01.2006 (Warner Bros.); Regie: Rob Marshall; Produktion: Lucy Fisher, Steven Spielberg u.a.; Drehbuch: Robin Swicord; Musik: John Williams; Kamera: Dion Beebe; Schnitt: Pietro Scalia

mit Michelle Yeoh (Mameha), Zhang Ziyi (Chiyo), Suzuka Ohgo (Chiyo als Kind), Ken Watanabe (Direktor), Togo Igawa (Tanaka), Mako (Sakamoto), Samantha Futerman (Satsu), Elizabeth Sung (Sakamotos Ehefrau), Thomas Ikeda (Mr. Bekku), Li Gong (Hatsumomo) u.a.

Filmplakat
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Wir werden nicht Geisha, um unser Schicksal zu erfüllen. Wir werden Geisha, weil das unsere einzige Wahl ist. - Zhang Yeoh.

Plot: Japan, 1929: Die kleine Chiyo (Suzuka Ohgo) wird gemeinsam mit ihrer älteren Schwester an ein angesehenes Geisha-Haus verkauft und muss ihre Familie und das kleine Fischerdorf Richtung Großstadt Kyoto verlassen. Dort angekommen, wird sie von ihrer Schwester getrennt, gerät unter die Fittiche der bösen Stiefmutter, und muss zudem noch mit der zur Grausamkeit neigenden älteren Stiefschwester und Chef-Geisha Hatsumomo (schön fies: Gong Li) fertig werden. Klingt ein wenig wie ein Märchen? Ist auch eines, also geht´s weiter:
Als Chiyo herangewachsen ist zu einer jungen Schönheit (nun verkörpert von Zhang Ziyi), kann sie durch eine glückliche Fügung den hexenähnlichen Zuständen ihres Stiefmutter-Hauses entkommen und wird in die Obhut einer feenhaft guten Chef-Geisha, Hatsumomos Erzfeindin und Hauptkonkurrentin Mameha (Michelle Yeoh), übergeben. Es entspinnt sich ein listenreicher Konkurrenzkampf zwischen den beiden Geisha-Häusern, und Chiyo, die nun den Künstlernamen Sayuri annimmt (der Zuschauer braucht ein gutes Namensgedächtnis!), ist als Zankapfel mitten drin. Sie soll, so ist Mamehas Plan, zur angesehendsten Geisha der Stadt aufsteigen und Hatsumomo als potentielle Erbin des Konkurrenzhauses ablösen.
Für Sayuri ist die Karriere als Geisha aus einem geheimen Grund von besonderem Interesse: Seit sie als junges Mädchen einem freundlichen japanischen Geschäftsmann auf einer Brücke begegnete, der sich später als der gutmütige „Direktor“ (Ken Watanabe) herausstellt, ist sie von dem Wunsch erfüllt, ihm eines Tages als angesehene Geisha gegenüber zu treten und womöglich seine Zuneigung zu gewinnen.
Wird ihr Wunsch in Erfüllung gehen, fragen wir uns da, oder funkt die böse Hatsumomo doch noch dazwischen?

Kritik: Wenn ich mit der Feststellung beginne, dass Die Geisha alles in allem ein Schundfilm ist, dann ist das nur die halbe Wahrheit, denn ich muss bekennen, dass ich lange Zeit nicht mehr so viel Spaß mit einem Schundfilm hatte! Aber zunächst einmal zu einer Reihe von Kritikpunkten, an denen ich nicht vorbei kann:
Ein Grundproblem vieler epischer Filme ist, wie man eine komplexe Geschichte, die sich über einen langen Zeitraum erstreckt, filmgerecht erzählen kann. Ausführliche Erläuterungen oder innere Monologe, auf die der Roman aufbaut, müssen in wirksame Kinobilder umgesetzt werden. Hier hapert es schon einmal. Die emotionalen Zustände der Hauptfigur oder interessante Story-Wendungen werden zumeist plump durch die arg phrasierende Erzählerinnen-Stimme aus dem Off erläutert, anstatt sie durch adäquate Szenen filmisch zu vermitteln. So sieht sich der Zuschauer mit einer Reihe reichlich altkluger Weisheiten konfrontiert. Eine philosophische Spitzfindigkeit wie z.B. „Man kann nicht zur Sonne sagen, scheine kräftiger, oder zum Regen, regne weniger“ ist gut in diversen Poesiealben aufgehoben, bringt aber wenig neue Erkenntnis.

Als ein weiteres Treffen zwischen Sayuri und dem Direktor ansteht, orakelt die Erzählerin bedeutungsschwanger: „Würde ich dem Direktor endlich sagen können, was ich für ihn empfinde?“ Solcherlei dramatische Zuspitzung erinnert doch sehr an diverse Hausfrauenprosa.
Ein großes Problem des Films ist sicher, dass er sich der fremden Kultur ziemlich uninspiriert annähert. Die Geisha verliert sich oftmals in dekorativ-folkloristischer Bebilderung, ein verständnisvollerer Zugang zur japanischen Geisha-Gesellschaft wird durch westliche Oberflächlichkeit verstellt. Historische Bezüge wie etwa der Zweite Weltkrieg verkommen zur Anekdote und werden, ohne nachfühlbaren psychologischen oder politischen Gehalt, rasch heruntergekurbelt (Flugzeuge am Horizont, Schnitt, militärisches Fahrzeug in den Straßen von Kyoto, Schnitt, Menschenaufruhr, Schnitt, Flucht in die Provinz: fertig ist der Krieg!).
Wenn die amerikanischen Soldaten nach Kriegsende durch die Lokale ziehen und amüsierfreudig in die Arme von japanischen Schönheiten sinken, dann habe ich den Eindruck, dass sie mit den Japanerinnen in etwa das gerne machen möchten, was der gesamte Film mit der japanischen Geisha-Kultur macht.
Und dennoch hat die Geschichte ihren Reiz und es gibt Passagen, da vergisst man beinahe die Trivialität, zu der die Dramaturgie immer wieder verkommt. Das Schicksal der kleinen Chiyo ist packend und funktioniert sehr gut als düstere Schauermär. Kleine, dekorativ schmutzige Gassen, üppige Geisha-Häuser, Duft und Gestank einer untergegangenen Welt. Vieles, was sich auf der Leinwand abspielt, zeugt durchaus von Liebenswürdigkeit, und einige holprige Dramaturgieschwächen verzeiht man ebenso schnell, wie man einem packenden Märchen seine fehlende Logik verzeiht. Die Schauspieler tun ihr bestes, um gegen die filmische Einfallslosigkeit anzukämpfen und bereichern die oftmals arg dekorative Ausstattung mit lebendigen Charakteren. So mittelmäßig die Regieleistung von Rob Marschall (bereits für seinen belanglosen Erstling Chicago hoffnungslos überschätzt) auch rüberkommen mag, die asiatischen Schauspielstars gehören zur A-Klasse, und das zeigen sie auch.
In Die Geisha steckt ein besserer Film, eine Art düster-ironisches Märchen vielleicht, das sich konsequent in die japanische Kultur hineinempfindet (könnte man sich vorstellen), oder auch eine clevere, distanzierte Reflektion über das Verhältnis von Selbstverwirklichung und Fremdbestimmung. Soweit bringt es der Film, bei aller Liebe, dann aber doch nicht. Es mag finanziellen Erwägungen geschuldet sein, dass am Ende eine idyllisierte Postkartenromantik dominiert.

Fazit: Teils packender, oftmals oberflächlicher Geisha-Kitsch, der allerdings bei weitem zu viel Spaß macht, um ihm seine Defizite allzu übel zu nehmen! 6,5 von 10 Aalen auf Besuch in der Höhle!

Dominik Rose
20.01.2006

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454 Stimmen
Schnitt: 4.9
cgi-vote script (c) corona, graphics and add. scripts (c) olasch

Leser-Kommentare:
schreiberling (22.08.09): Also, als studierter Japanologe muß ich sagen, der Film ist eine Katastrophe. Ich weiß, das nervt die Meisten, ist aber halt so. Ich weiß auch, wer von Hollywood mehr erwartet als billige Unterhaltung, hatte schon immer zuviel verlangt, aber es ist halt doch sehr ärgerlich, so einen Mist zu sehen und dann auch noch einen so hochgelobten Mist. Die Frauen sehen alle so aus, als seien sie morgens mit dem Makeup nicht fertig geworden, praktisch keine trägt Perücke, die Auswahl der Kimono ist lächerlich und zeugt von bitterer Armut der beteiligten Geisha. Das ist so, als liefen in Deutschland alle in Feinripp auf der Straße herum oder in Häkelhosen, wenn man echte japanische Kleidung kennt. Alle Details sind barer Unsinn, einige Frauen tragen die Kimono so, wie man sie einer Leiche anziehen würde, voll ausgebildete Geisha sind auf der Straße mit den Schuhen von Geisha-Azubinen (Meiko) unterwegs, wenigstens fehlen die Glöckchen der Kinderschuhe; eine Meiko benimmt sich wie eine überuas schlecht erzogene vorlaute Kaiserin, Alles in Allem purer Mist und unerträglich. Wenigstens versprühen die Bilder stellenweise eine gewisse Ästhetik, das war's aber auch. Fast so schlimm wie Tom Cruises Last Samurai. Japan für Kitschwütige, aber kein Blick in eine verborgene reale Welt.
Fenja (06.03.06): Hmm... Also ich hab das Buch gelesen, und vor kurzem auch den Film gesehen. Ich finde die Umsetzung tatsächlich klasse, immerhin wurde doch das (wirklich!!) wichtigste gezeigt - und das auch noch verständlich!! Wenn man andere Filme anschaut, die auf Romanen basieren, ist der hier doch echt klasse!! Ich hab seeehr geheult und zwischendrin auch gelacht, ich liebe den Streifen!!!
Nikolas (20.02.06): Ich glaube, Dominik und ich haben grundsaetzlich einen zu verschiedenen Filmgeshmack, denn mit den meisten seiner Ansichten stimme ich nicht ueberein. Mag mit daran liegen, dass ich den Film im O-Ton gesehen habe.
Furchtbar kitschig fand ich es jetzt nicht unbedingt, auch was den "Schundfilm" angeht, kann ich nur von der Struktur her zustimmen. Was da an Kitsch drin war, war in meinen Augen okay, handelt sich hierbei ja schliesslich auch um ein Maerchen. Ich fand eher, dass es zuviel Stereotypie gab, was die "boese" Stiefmutter" bzw. Stiefschwester anging. Gong Li hat fabelhaft gespielt, gerade die Szene im Feuer hat mir da gut gefallen, aber die Rolle war einfach zu schlecht angelegt, sie durfte ja wirklich nur boese sein, aber ohne wirklichen Tiefgang, bzw. Ausleuchtnug ihrer Person. Trotz gutem Spiels zuviel schwarz-weiss-Malerei, hat mich am Film am meisten gestoert.Der 2. Weltkrieg als Rand-Anekdote dagegen war fuer ich ueberhaupt kein Problem, weil es hier nicht um den Krieg, sondern dessen Auswirkungen auf die Geschichte Sayuris ging. Und da wurde meines Erachtens wunderbar gezeigt, dass sie es erst zum Star schafft und dann nichts mehr davon Bedeutung hat, weil der Krieg die ganze Welt der Geishas kaputt macht. Und die Liebesszene am Ende, nun ja, wenn man einmal in japan / Kyoto gewesen ist, weiss man um die aussergewoehnliche Gartenkunst der japaner, die einfach nur eine Augenweide ist! Da konnte ich entsprechend keine Postkartenaesthetik drin erkennen. Und wenn ich die Gelegenheit dazu haette, ich wuerde mit meiner Angebeteten doch auch so einen Ort aufsuchen! ;-)
Da ich das Buch nicht kenne ,kann ich die Umsetzung nicht beurteilen. Aber die Bilder haben mir soweit gut gefallen, auch kam meiner Meinung nach die Geisha-Menthalitaet, wenn auch nur angedeutet, prima rueber. Geht eben nicht um Prostitution, sondern um Aethetik und Idealisierung. Und nicht zuletzt um Status(symbolik). Aber okay, den Off-Kommentar haette man an einigen Stellen wirklich durch bessere Bilder ersetzen koennen. War aber noch im Rahmen.
Am Ende gebe ich gute 7 von 10 teuren Gebeten
Und P.S.: Chicago war klasse! So einen Film muss man erstmal machen, da hat Rob Marshall meinen tiefen Respekt. Da fand ich Sam Mendez mit seiner American Beauty viel problematischer, was Ueberschaetzung angeht. Und noch was: Ich hasse spanische Tastaturen! ;-)

Horrorzicke (02.02.06): Hmpf, ich scheue mich immer noch, mir den Film anzuschauen... Ich habe schlicht Bedenken, daß sowas wie eben z.B. die japanische Kultur durch (wie ich es nenne) Hollywood-Kitsch völllig verdreht wird, was IMHO in der Kritik auch schon durchklang und was einfach daneben wäre. Aber da man ja eigentlich den Film gesehen haben muß, um hier seinen Senf abzugeben, werd' ich ihn mir wohl noch ansehen und mich evtl. später nochmal dazu äußern...
Dominik (28.01.06): P.S.: "Ganz NATÜRLICH" ist in dem Film allerdings gar nichts, schon gar nicht die Liebesszenen...
Dominik (28.01.06): @Lisa: Mit der oberflächlichen Herangehensweise an die japanische Kultur meinte ich natürlich nicht, dass die Geishas zu schön hergemacht sind und den Männern eine Scheinwelt vorspielen! Ich bin mir außerdem sehr sicher, dass die japanische Geisha-Kultur ein wenig tiefgründiger ist als in Arthur Goldens Buch, das ja nicht unbedingt als ein Literatur-Glanzstück gilt...
lisa (27.01.06): Entschuldigung einmal bitte aber dieses wirklich lange buch wäre auch unter regisseuren wie steven spielberg nicht besser adaptiert worden. ich kenne das buch und daher behaupte ich dass ihre negtive kritik undifferenziert ist: die japanische geishawelt IST nichts anderes gewesen als eine "postkartenwelt"! die männer wollten nicht geld für eine welt voller dreckiger ungepflegter mädchen bezahlen- dann konnten sie gleich ins nächste hanamachi gehen! die geishawelt wurde gegenüber den normalen kunden ganz sicher idealisiert und schön gemacht. Was den "kitsch" angeht behaupte ich dass es sich sicher um einige übertreibung handelt, aber wenn man jetzt mal den handlungsstrang verfolgt, dann kann man sich sicher denken dass der direktor sich ganz NATÜRLICH mit seiner zukünftigen geliebten an einem außerordentlich schönen ort treffen und wir alle wissen ja, dass wunderschöne üppige gärten in japan keine einzelerscheinung sind. nun ja, über die besetzung mit den chinesischen schauschpielern kann man sich natürlich streiten, aber man kennt die hintergründe ja nicht; vielleicht waren japanische schauspielerinnen gar nicht bereit in die rolle einer geisha zu schlüpfen, die ja für japanische schauspielerinnen immer noch geheimnisumwoben und unantastbar sein mögen. MFG lisa
Dominik (23.01.06): @Jo: Naja, solche Szenen wie die Begegnung der Liebenden vor den blühenden Kirschbäume...nenn es Kitsch, oder eine Art feuchter Mädchentraum vielleicht!
jo (22.01.06): Mag sein, dass ich einen anderen Film gesehen habe, aber kitschig war er nun wirklich nicht. Sicher, man mag kritisieren, dass man die Dialoge aus dem ein oder anderen Glückskeks zu kennen glaubt, aber hee, kein Film ist perfekt. Daher: 8 von 10 Reispäckchen.
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