Schultze Gets the Blues
Drama/Komödie, Deutschland 2003, 114 Minuten, ab -
Originaltitel: Schultze Gets the Blues; Deutschlandstart: 08.01.2004 (UIP); Regie: Michael Schorr; Produktion: Jens Körner; Drehbuch: Michael Schorr; Musik: Dirk Niemeier, Thomas Wittenbecher; Kamera: Axel Schneppat; Schnitt: Tina Hillmann

mit Horst Krause (Schultze), Harald Warmbrunn (Jürgen), Karl Fred Müller (Manfred), Ursula Schucht (Jürgens Frau), Hannelore Schubert (Manfreds Frau), Wolfgang Boos (Schrankenwärter), Loni Frank (Schultzes Mutter), Elke Rümmler (Krankenschwester), Rosemarie Deibel (Frau Lorant)

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Schultze, Manfred und Kollegen an ihrem letzten Arbeitstag. Schultze probiert es in diesem Jahr mit einem neuen Lied. Schultze unterwegs auf den Flüssen Louisiana. Schultze macht Rast auf einem Hausboot.

... Schön. ... ... - ... ... Salzig. ... ... - Schultze und Kollegen würdigen die Abschiedsgeschenke.

Plot: Tief in der Provinz Sachsen-Anhalts: Schultze (Horst Krause) und seine beiden Kollegen und Saufkumpane Jürgen (Harald Warmbrunn) und Manfred (Karl Fred Müller) sind soeben von ihrer Arbeit unter Tage pensioniert worden. Doch der Ruhestand macht Schultzes Leben nur noch einsamer und unerträglicher. Abwechslung bieten schließlich weder die Kneipenabende noch der örtliche Schachclub. Und selbst sein geliebtes Akkordeon bereitet ihm keine wirkliche Freude mehr, denn den ewigen Polka hat er schon zu oft gespielt.
Doch eines Abends geschieht etwas Unerwartetes: Im Radio hört Schultze eine Lied, das ihn fortan nicht mehr loslässt. Zunächst von der neuen Situation beunruhigt konsultiert er sogar einen Arzt, doch der versichert ihm, dass ein neuer Musikgeschmack kein Symptom irgendeiner Krankheit ist. Somit widmet er sich von nun an mit ganzer Leidenschaft dem Lied und entwickelt einen einzigen großen Wunsch: Einmal nach Louisiana, die Heimat des Blues, zu fahren. Doch das ist gar nicht so einfach, da der Reiseladen die Preise saisonbedingt erhöht.
Als er Tage später trotz anfänglichen Widerstands das Lied beim 50. Jahrestag des Musikclubs vorspielt, beschließen die Stadtväter kurzerhand, ihn als Abgesandten der Stadt zum Musik-Festival der Partnerstadt in Louisiana zu schicken.
Doch als Schultze im Land seiner Träume ankommt, muss er feststellen, wie klein die Welt doch in Wirklichkeit ist...

Kritik: Wer immer der Meinung ist, sein (ihr) Leben sei langweilig und ereignislos, sollte sich diesen Film anschauen und wird für immer von dieser Meinung geheilt sein!
Mit Schultze Gets the Blues gewährt Michael Schorr uns einen tiefen Einblick in das provinzielle Leben. Dabei wird gerade durch die meist langen Einstellungen die allgemein vorherrschende Trostlosigkeit verdeutlicht, die Schultzes Leben bestimmen. Bemerkenswert ist dabei die Gratwanderung Schorrs, in der er trotz der Langsamkeit immer für genug Handlung und Witz sorgt, so dass keine Langeweile aufkommt. Denn um ein Portrait einer Gesellschaft zu schaffen, muss man übertreiben und karikieren. Und das gelingt ihm stellenweise hervorragend. Somit sind einige Szenen schon deswegen überaus amüsant, weil die betreffende Szenerien wirklich nur in derartig ländlich-provinzieller Umgebung vorstellbar sind. Von ein paar kleinen Längen mal abgesehen, denn im Ganzen hätte man den Film wohl gut um ein paar Minuten kürzen können, ohne das es ihm etwas geschadet hätte.
Hauptdarsteller Horst Krause ist wahrscheinlich die Idealbesetzung für Schultze, der im Ruhestand unerwartet die Möglichkeit zu einem radikalen Lebenswandel erhält.

Vom familienlosen Mann, dessen Leben nicht mehr viel für ihn bereit hält und der keine Lust mehr auf die Provinz und den immer wiederkehrenden Polka hat, entwickelt er sich zu einem späten Weltentdecker, der endlich die Fesseln seines bisherigen Lebens sprengen will.
Doch auch auf „der anderen Seite der Welt“ angekommen muss Schultze feststellen, dass das Leben dort sich gar nicht so sehr von dem unterscheidet, was er zurückgelassen hat.
Das Musik-Festival der Partnerstadt verlässt er somit enttäuscht und gelangweilt noch vor seinem Auftritt, um sich im Folgenden mit einem kleinen Kutter auf eine Odyssee in den Sümpfen von Louisiana zu begeben, immer auf der Suche nach dem Ursprung der von ihm neuerdings so bewunderten Musik. In einem ironisch zwinkernden Seitenhieb trifft er auf einem seiner Landgänge allerdings als erstes auf eine tschechische Polka-Band.
Und auch sonst ist Amerika nicht das Land seiner Träume oder die Welt, nach der er gesucht hat. Denn auch wenn die meisten Menschen, die er trifft, aufgeschlossener und freundlicher sind als seine Landsleute, hat er doch mit vielen unerwarteten Schwierigkeiten zu kämpfen.
Dennoch gelangt Schultze letztendlich zu einem Zielpunkt, der aber weder im Stile eines Happy-Ends das Ende der Reise markiert, noch versucht, direkte Antworten zu geben. Dennoch wird zumindest impliziert, dass sich hier irgendwo der Kreis schließt und die Odyssee zu ihrem Ende findet.
Negativ zur Last kann man dem Film lediglich legen, dass er seine Möglichkeiten nicht ausschöpft: Somit trifft der Titel nicht wirklich den Inhalt. Denn Schultze fängt nicht Feuer für den Blues, sondern lediglich für ein einzelnes Lied, dass sein ebenso einzelnes Polka-Lied ablöst. Und dieses Lied wird dann auch den ganzen Film über gespielt. Somit steht es nicht stellvertretend für den Blues an sich, sondern nur für seinen radikalen Lebenswandel.
Dass dieser Film darüber hinaus nichts für die breite Masse gemacht ist, dürfte klar sein. Allerdings ist er selbst für diejenigen, die sich bewusst auf ihn einlassen, teilweise etwas zäh geraten. Denn die Gratwanderung gelingt nicht immer. Und auch wenn schnelle Schnitte an dieser Stelle keinen Sinn gemacht hätten, wären doch ein paar weniger der langen Einstellungen wünschenswert gewesen.
Am Ende dennoch ein interessante kleine Abwechslung für all diejenigen, die kleine Filme der etwas anderen Art mögen.

Fazit: Eigenwilliges Independend-Kino, wie man es nicht häufig findet. Verlangt auch Freunden desselben stellenweise einen etwas längeren Atem ab, dafür wird man auch mit einigen urkomischen Provinz-Gags belohnt. Weniger ein Film der großen Antworten, als vielmehr des Denkanstoßes. Und zum Nachdenken hat man nach dem Abspann genug. 6 von 10 ihren Einsatz verpassenden Schrankenwärtern

Nikolas Mimkes
23.06.2004

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441 Stimmen
Schnitt: 4.8
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Leser-Kommentare:
Olaf (23.06.04): Der Titel trifft den Inhalt des Filmes 100%ig. "Den Blues haben" bedeutet im Englischen ein Gefühl der Melancholie oder Depression. Was nicht nur den Zustand des Protagonisten sondern auch die Stimmung des Filmes gut beschreibt. Und so ist es weniger ein radikaler Lebenswandel, der Schultze umtreibt, sondern das noch einmal zu kurzem Leben Erwachen. Eine von Außen kleine Änderung in seinem Leben, die nur für Schultze selbst und seine nähere Umgebung einer Revolution gleich kommt.
Fantastisch fand ich die Kamera und den Schnitt, die kaum etwas mit moderner Kinofilmproduktion zu tun haben scheinen. Viele Totale, wenige Inserts, es scheint fast so, als ob Kamera und Schnitt sich dem Leben Schultzes angleichen: Es gibt keine Nebenhandlung, alles ist bedeutungsvoll, egal wie nebensächlich es ist. Eigentlich nur als Produktion für Das kleine Fernsehspiel gedacht, hat es der Film zu Recht auf die große Leinwand geschafft. 8 von 10 Anrufe während einer Beerdigung

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